Pharmakovigilanz ist ein Begriff, der in der Öffentlichkeit selten fällt, aber eine zentrale Rolle für die Gesundheit von Millionen Menschen spielt. Es handelt sich dabei um die Wissenschaft und die Aktivitäten zur Überwachung der Sicherheit von Arzneimitteln – vor allem nach deren Zulassung. Ziel ist es, unerwünschte Wirkungen zu erkennen, zu bewerten und zu verhindern.
Die Bedeutung nach der Zulassung
Bevor ein Medikament auf den Markt kommt, durchläuft es umfangreiche klinische Studien. Dennoch können nicht alle Nebenwirkungen in diesen Studien erkannt werden. Gründe dafür sind unter anderem die begrenzte Anzahl an Studienteilnehmern, eine oft eingeschränkte Zielgruppe (z. B. keine Schwangeren, Kinder oder alte Menschen) und eine begrenzte Beobachtungsdauer.
Aufgaben der Pharmakovigilanz
Die zentralen Aufgaben der Pharmakovigilanz lassen sich in vier Hauptbereiche unterteilen:
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Erkennung: Sammlung von Informationen über Nebenwirkungen und unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), z. B. durch Meldungen von Ärzten, Apothekern oder Patienten.
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Bewertung: Analyse der gesammelten Daten, um herauszufinden, ob ein Zusammenhang zwischen dem Arzneimittel und der gemeldeten Wirkung besteht.
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Verständnis: Erforschung der Ursachen für die beobachteten Nebenwirkungen.
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Prävention: Ergreifen von Maßnahmen zur Risikominimierung, z. B. durch Änderungen in der Packungsbeilage, Warnhinweise oder im Extremfall durch Marktrücknahmen.
Wer ist verantwortlich?
Pharmakovigilanz ist eine gemeinsame Aufgabe von vielen Akteuren:
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Pharmaunternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Nebenwirkungen zu überwachen und regelmäßig Sicherheitsberichte an die Behörden zu senden.
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Zulassungsbehörden wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) oder die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) werten Berichte aus und treffen Entscheidungen über Maßnahmen.
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Gesundheitsfachkräfte spielen eine entscheidende Rolle, indem sie Nebenwirkungen melden.
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Patientinnen und Patienten selbst können Nebenwirkungen ebenfalls direkt melden – ein wichtiger Beitrag zur Arzneimittelsicherheit.
Warum ist Pharmakovigilanz so wichtig?
Die Geschichte zeigt, wie entscheidend eine funktionierende Pharmakovigilanz sein kann. Ein bekanntes Beispiel ist der Contergan-Skandal in den 1960er Jahren, bei dem ein Beruhigungsmittel zu schweren Fehlbildungen bei Neugeborenen führte.
Seitdem wurden die Vorschriften für die Arzneimittelsicherheit kontinuierlich verschärft. Dank moderner Pharmakovigilanzsysteme können Risiken heute oft frühzeitig erkannt und Schäden minimiert werden.
Zukunft und Herausforderungen
Mit neuen Therapien wie Biologika, personalisierter Medizin oder mRNA-Technologien wächst auch die Komplexität der Arzneimittelüberwachung. Die Digitalisierung bietet hier große Chancen – etwa durch die Nutzung von Big Data und Künstlicher Intelligenz zur frühzeitigen Erkennung von Risikosignalen. Gleichzeitig bleibt der Mensch unverzichtbar, denn die klinische Einordnung und das Verständnis der Kontexte können Maschinen allein (noch) nicht leisten.
Erst im breiten Einsatz zeigt sich, wie ein Arzneimittel in der realen Welt wirkt. Genau hier setzt die Pharmakovigilanz an.
(Stand: 18. April 2025)
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